5. Spieltag: Fußlümmelei und eine Schnapsidee

Fangen wir mal so an: Wer hat den Fußball nach Deutschland gebracht? Die Antwort auf diese Frage war bis vor ein paar Jahren nur den wenigsten (außerhalb von Braunschweig) geläufig. Nicht mal Theo Zwanziger konnte die Frage beantworten.

Der Pädagoge Konrad Koch hat 1875 das erste Regelwerk des Fußballs in Deutschland veröffentlicht. Aus dem Spiel mit zwei "Gespielschaften" aus je 15 Spielern wurde eine Erfolgsgeschichte.
An einem kühlen Nachmittag im Herbst 1874 versammelte der damals 28jährige Gymnasiallehrer seine Schüler auf dem "Kleinen Exzerzierplatz" in Braunschweig, um ihnen mit Hilfe des Balles Beine zu machen. Nachdem er sich während seines Studiums in Leipzig mit Rugby beschäftigt hatte, kam er zu dem Schluss, dass sportliche Betätigung charakterbildend und erzieherisch wirksam sei. Ein Jahr nach dem ersten Kick fasste der Lehrer die ersten Regeln zusammen. Das Regelwerk wurde anschließend ständig erneuert und erweitert und umfasst heute 118 Seiten.

Besonders die Turner waren wenig angetan und standen dem Fußball anfangs kritisch gegenüber, nannten ihn "Fußlümmelei" und beschuldigten Koch, "die Deutschen mit einer englischen Krankheit zu infizieren". Doch der Fußball war nicht mehr aufzuhalten. Es war anfangs eine Mixtur aus Rugby und Fußball, die die damalige Jugend begeisterte.
Noch zu Kochs Lebzeiten wurde in Leipzig der Deutsche Fußballbund gegründet.

Eben jener Fußballbund sah sich 70 Jahre nach der ersten Deutschen Meisterschaft mit einer ebenfalls in Braunschweig gereiften Idee konfrontiert: Die Spielerbrust als Litfaßsäule. Mit diesem Geistesblitz hat Likörfabrikant Günter Mast die Bundesliga in moderne Zeiten geführt. Zwar war Mast nicht der erste, der es versuchte (Wormatia Worms versuchte es bereits 1967, musste aber auf Druck des DFB das Vorhaben wieder einstellen), jedoch derjenige, der dieses Vorhaben mit aller Konsequenz verfolgte. Am 24. März 1973 traten die Eintracht-Profis erstmals mit dem Hubertushirsch auf der Brust gegen Schalke 04 an. Die Aufregung über das Firmen-Logo an prominenter Stelle war riesengroß: Kritiker empörten sich über die Kommerzialisierung des Sports, die Kirche störte sich an der offensichtlichen Verbindung von Sport und Alkohol.
Skeptiker sprachen von einer "Schnapsidee", die sich nicht durchsetzen würde; weit gefehlt. Heute ist oben ohne out. Trikotwerbung gehört längst zu den wichtigsten Geldquellen im modernen Fußball, mittlerweile werden ungefähr 130 Millionen Euro durch Werbung auf der Brust umgesetzt.

Günter Mast wollte sogar noch mehr und den Verein später in Jägermeister Braunschweig umbennen, der DFB entschied daraufhin, dass eine Umbenennung zu Werbezwecken nicht möglich sei. Hier mal ein zeitgenössischer interessanter Artikel dazu im Spiegel (1983): http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14024342.html

Kommt einem irgendwie alles ziemlich aktuell vor....

Am 5. Spieltag der noch jungen Zweitligasaison 2014/2015 stehen sich nun erstmals der Meister von 1967 und RB Leipzig gegenüber. Das Kräftemessen in der Red Bull Arena sorgte im Vorfeld für viel Aufregung in der Stadt der Wissenschaft. Ob und in welchem Umfang ein geplanter Boykott der Eintrachtfans tatsächlich stattfinden wird, wird sich zeigen. Diversen Medienberichten zufolge sollen ca. 1000 Karten nach Braunschweig verkauft worden sein.
Die Verantwortlichen würden sich über die nötige Unterstützung der eigenen Fans sicherlich freuen, denn der Absteiger ist eher mäßig in die neue Saison gestartet. Einige wichtige Akteure der Vorsaison verließen den Verein.
Einem 2:2 in Düsseldorf folgte ein überzeugender Heimsieg gegen Liganeuling Heidenheim, danach gab es eine knappe 2:1-Niederlage auf dem Betzenberg und beim VfL Bochum ein 1:2. Momentan befindet man sich mit 4 Punkten aus 4 Spielen auf Platz 12.

Derlei Sorgen plagen die Roten Bullen momentan nicht. Zwei Siege und zwei Unentschieden stehen auf der Haben-Seiten. Bisher musste man noch keinen Gegentreffer hinnehmen, was freilich im Spiel gegen Frankfurt auch dem Glück zuzuschreiben war, als sich die Akteure beim FSV im Auslassen guter Chancen gegenseitig überboten. Clemens Fandrich darf nach der Ampelkarte erstmal gegen Braunschweig zuschauen, Dominik Kaiser kann aufgrund von Beschwerden im Oberschenkel nicht mittrainieren – ein Startelfdebut von Zsolt Kalmar scheint möglich.

Beide Mannschaften nutzten die Länderspielpause für ein Testspiel. Die Eintracht absolvierte einen Sponsorenkick gegen den hessischen Kreisligisten DJK Zeilsheim und schoss sich mit 23:0 für Samstag warm.
RB spielte am Samstag in Grimma 1:0 gegen den polnischen Erstligisten Pogon Stettin. Getestet wurde übrigens ein 4-3-3 mit 3 Stürmern, neben Poulsen stürmten Rebic und Morys. Leider erlitt Sebastian Heidinger dabei einen Schlag aufs Knie - Einsatz am Wochenende fraglich. Frahn und Teigl wurden im Test geschont, sollen aber bis Samstag fit sein.

Die Pressekonferenz zum Spiel findet ist wie immer zwei Tage vor'm Spiel statt. Details für Interessierte sind nachzulesen unter http://rotebrauseblogger.de.

Einen Live-Ticker findet man unter: http://rb-fans.de/ticker.html

Bisher sind 16.000 Tickets verkauft, mit ca. 26.000 Zuschauern wird gerechnet. Auf ein faires, friedliches und stimmungsvolles Spiel mit dem hoffentlich besseren Ende für die Rot-Weißen.
Auf gehts Leipzig, kämpfen und siegen!
This contribution was last edited by Rumpelstilzchen on Sep 8, 2014 at 2:14 PM hours